Glockenturm am Olympiastation in Berlin
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Neuer und alter Turm

In den zahlreichen Geschossen des Turmes waren zu den Olympischen Spielen Beobachtungsstände der Festleitung, der Polizei, des Sanitätsdienstes sowie der Rundfunk- und Filmreportage untergebracht. Das 75 Meter lange Mittelstück der Maifeldtribünen rechts und links vom Turm ist nicht als Wall geschüttet, sondern als dreigeschossiges Bauwerk errichtet. In ihm war während des Krieges u.a. das Reichsfilmarchiv eingelagert, das nach dem Einmarsch der russischen Truppen, vermutlich durch die Unachtsamkeit eines Soldaten, in Brand geriet. Die beim Brand entstandene große Hitze wurde über den Glockenturm wie durch einen Schornstein abgeleitet. Dadurch wurden tragende Teile der Stahlskelett-Konstruktion derart deformiert, dass die Standfestigkeit des Turmes nicht mehr gegeben war. 1947 wurde er durch britische Pioniere gesprengt und anschließend enttrümmert.

Die bei der Sprengung heruntergefallene Olympia-Glocke erhielt einen vertikalen Sprung. Sie wurde zunächst auf dem Platz vor dem Glockenturm vergraben, dort nach mühevollen Sucharbeiten mit Hilfe von Geigerzählern wiederentdeckt, im Dezember 1956 geborgen und kurze Zeit später auf einem Sockel vor dem Südportal des Olympiastadions aufgestellt. Wer seine Schießkünste mit einer panzerbrechenden Waffe ausgerechnet an der wehrlosen Olympia-Glocke ausprobiert und den heute sichtbaren Durchschuss verursacht hat, ist unbekannt. Die Glocke muss damals noch gehangen haben, denn sie wurde von innen nach außen durchschossen. Wegen der Beschädigungen war die alte Glocke als Klangkörper nun nicht mehr verwendbar.

In den Jahren 1960 bis 1962 wurde der Glockenturm nach einem Entwurf von Werner March, dem Architekten des alten Turmes, im Auftrag des Bundes mit einem Kostenaufwand von 1,16 Mio. DM in Stahlbetonweise auf den alten Fundamenten wieder aufgebaut. Im Erdgeschoss ruht er jetzt auf sechs Stahlbetonstützen von je einem Quadratmeter Grundfläche. Der Querschnitt des Turmes beträgt unten 11,2 x 6,53 m, oben 9,46 x 6,53 m. Verbaut wurden 720 cbm Beton, 130 t Rundstahl und 5.000 Stück Natur-Kalksteinplatten. Das Gewicht des Turmes beträgt 2.500 t. Das Gewicht der vom Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation gegossenen Stahlglocke mit der Tonart fis 0 ist den statischen Verhältnissen der neuen Bauweise angepasst. Es beträgt 4,5 t gegenüber 9,6 t der alten, von der gleichen Firma gegossenen Glocke.